Kierkegaard

Wieder ein Philosoph mit dem ich mich zu wenig beschäftigt habe, aber hier mal ein sehr eindrückliches Zitat:

„Die Christenheit hat, ohne es recht selber zu merken, das Christentum abgeschafft; daraus ergibt sich, daß, wenn etwas geschehen soll, versucht werden muß, das Christentum wieder in die Christenheit einzuführen.“ – Die Leidenschaft des Religiösen, Reclam Verlag, Ditzingen, 1968, S. 68
Die Frage ist nur: Welches Christentum? Spannend, oder?

Peter Rollins nächstes Buch: The Fidelity of Betrayal

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Eins muss man Peter Rollins lassen – er setzt Denktrends. Mit seinem neuen Buch macht er genau da weiter, wo er mit „How (Not) to Speak of God“ aufgehört hat und treibt „Heretical Orthodoxy“ auf die Spitze, indem er fragt: „What would Judas do?“

Rather, by asking whether Jesus would betray Christianity as Judas betrayed Christ, I am asking if Jesus would plot the downfall of Christianity in every form that it takes. Or rather, to be more precise, I am asking whether Christianity, in its most sublime and revolutionary state,always demands an act of betrayal from the Faithful. In short, is Christianity, at its most radical, always marked by a kiss, forever forsaking itself, eternally at war with its own manifestation. (Indem ich frage, ob Jesus das Christentum in genau der gleichen Weise verraten würde, wie Judas Christus selbst verraten hat, frage ich, ob Jesus den Untergang des Christentums in jeglicher Form, die es annehmen kann, vorbereitet. Oder, um es noch genauer auszudrücken, frage ich, ob das Christentum in seinem denkbar Besten und Revolutionären Status nicht einen ständigen Verrat seiner Treusten Anhänger fordert. Zusammengefasst: Ist das Christentum, da wo es am radikalsten Ausgelebt wird, immer von diesem Kuss gezeichnet, ewig sich selbst verleugnend und immer im Krieg mit seinen unterschiedlichen Formen liegend. Aus der Einleitung Übersetzung Björn Wagner)

Ich verstehen schon auf diesen ersten Seiten ein wenig von dem, wo Peter Rollins hin will und stelle fest, dass er eines meiner Herzensanliegen in Worte fast: Erneuerung, Hinterfragen von Strukturen, seien sie Organigramme oder Gedanken, sind sie aus Stein gebaut oder Schemata in den Köpfen der Menschen. Verrat üben und den Judaskuss als Teil radikaler Nachfolge zu sehen. Ich freue mich auf dieses Buch und seine drei Teile, die laut Rollins untrennbar miteinander verwoben sind (The word of god, the being of god, the event of god) und auf meine Reaktionen in meinem Leben auf diese Gedanken. Ich ahne, dass diese Judaskuss seinen Preis hat in beide denkbare Richtungen. Ich bete, dass mein Leben ver-folgen kann, was Nach-folge in diesem Zusammenhang heißen mag. Lies das erste Kapitel als pdf. Emergent Village schreibt auch darüber, genau wie Existenialpunk (1 Exzerpts / 2 Notizen von Peter Rollins)Peter ist ein Mann, mit dem ich gern einmal sprechen würde. Wie vermutlich viele andere auf diesem Planeten auch. (Link)

Schrottys Zweifel

Ich schreibe diesen Post auf einen Post von Schrotty. Ich weiß nicht, ob es eine Antwort werden wird, eher ein Gedankenspiel.

Was für eine Beziehung haben Glaube und Zweifel? Schaut man in den Jakobusbrief so ist man ernüchtert, sieht man Jesus in Getsemaneh an, ermutigt. Zweifel. Ich würde gern über den Zweifel als Frage und nicht als Zerstörer nachdenken. Descartes hat den Zweifel zur höchsten Beurteilungsform erhoben, ich würde ihn gern als Wegbegleiter der Echtheit sehen. Totalitäre Antworten ersticken sowohl die Fragen als auch den Prozess des Findens und immer wieder Findens. Johannes 15, 7 gibt uns immerhin den Hinweis darauf, dass Nachfolge ein Prozess ist. (Warum sollte Jesus sonst davon sprechen, dass seine Jünger „werden“ sollen?) Für mich sind ehrliche, zweifelnde Fragen schon immer wertvoll gewesen. Meine erste Predigt (eine Dialogpredigt mit Edith Höll im zarten Alter von 16 Jahren) ging um Thomas, den Zweifler – ich denke nicht, dass Jesus seinen Zweifel gerügt hat – eher sein Wunsch nach absoluter Sicherheit. Diese gibt es nicht im Glauben und genau darum denke ich der fragende Zweifel ist so enorm wichtig. Demütig muss er sein, der Zweifelt, nicht seinen Hochmut hinter dem Zweifel verstecken (ich weiß es ohnehin besser), ehrlich mit sich selbst und dem anderen, weder Zweifeln um des Zweifelns willen, noch das Feste des anderen mutwillig zerzweifeln suchend. Andere mögen sich dessen sicher sein, was man selbst bezweifelt.

Fragen und Suchen sind Dinge, die Jesus positiv gewertet hat, weder Nikodemus findet eine verschlossene Tür, noch heißt es, dass der Suchende nicht eingelassen wird. Wenn man Petrus anschaut, so kann man einen Zweifler (Jesus hat überdeutlich gemacht, dass sie zu allen Völkern gehen sollen und er weigert sich mit den Heidenchristen zu essen.) sehen, den Gott gebraucht.

Letztlich frage ich und hinterfrage ich und zweifle selbst an der Botschaft, die Gott uns gegeben hat und das bringt mich immer wieder dahin zu glauben. Oft bringt mich eine gute Frage näher an Gott heran als eine zu klare Antwort. Mein Weg ist die Ehrlichkeit und das Reden – mit Wenigen, mit Vielen unpassend oder passend. Offenheit auch im Zweifel und der Schwachheit bringt uns zusammen und den anderen vielleicht zu der Aussage: „Du auch, ich dachte schon ich wäre allein mit meinem Zweifel“.

Soweit mal meine Gedanken – etwas spät, aber doch noch. Liebe Grüße

Persönlichkeiten, Vertrauen und Emergenz in der Wohnung

Gestern haben wir den Persönlichkeitstest, den ich verlinkt habe in der Kleingruppe gemacht. Es waren recht viele Leute und darum etwas unruhig. Mein Hauptgedanke war diesmal von einer anderen Richtung als „Gaben“ zu kommen und darüber zu reden, das wir als unterschiedliche Persönlichkeiten zusammengestellt sind.

Ich musste feststellen und interpretiere es schlicht so, dass wir als Leute, die da gestern zusammen waren (wir waren so 16 Leute) uns schon einigermassen kennen und einschätzen können. (Toll war dabei auch, dass ein paar sich was zu essen gemacht haben, Emilia und Mirja ganz natürlich dabei waren und sich das alles wieder sehr nach Leben angefühlt hat…) Ob das positiv oder negativ ist („alle Not kommt vom Vergleichen„) vermag ich nicht letztlich zu klären, aber ich glaube, dass das Thema „Einheit in Unterschiedlichkeit“ eines ist, dass wir schon lange und gründlich behandelt haben.

Wir brauchen das vermutlich längere Zeit nicht mehr, es sei denn unter der Ãœberschrift „Konflikte in der Gemeinschaft“ die Entstehen schnell, wenn man die Wertschätzung für die Unterschiedlichkeit des anderen verliert. Manchmal kann ich mich nicht so recht entscheiden, ob wir in der Wohnung einen gemeinsamen Traum leben oder ob wir noch längst nicht da angekommen sind, wo wir hinwollten, beides hoffentlich.

Zurück ist die Vision etwas zu ändern, zu vergrößern, nein zu verbreitern, denke ich. Vieles entsteht im Moment – Emergenz (langer, komplexer, aber guter Artikel in der Standford Encyclopedia of philosophy) ist dabei ein Wort, dass vieles von den Prozessen beschreibt, die gerade am laufen sind. Und so ist nicht vorhersagbar, was genau geschehen wird, aber zusammen sind wir mehr als die Summe unserer Einzelteile.

Ich hoffe wir lernen die Lektion, dass nicht immer alle beteiligt sein müssen und können, dass die Gaben und Fähigkeiten der einzelnen Persönlichkeiten nicht immer alle gefordert sind, sondern öfter auch nur die von einigen wenigen. Trotzdem haben wir durch die Gemeinschaft Anteil an dem was den anderen an Gaben anvertraut ist. Ich bin sehr stolz und glücklich über das was andere können und ich nicht. Und was andere tun, wenn ich nicht dabei bin. Interessant, oder, dass das Wort „Vertrauen“ immer öfter auftaucht? Haben wir Vertrauen zueinander? Vertraust Du der Gemeinschaft von der Du ein Teil bist, auch wenn die anderen so erschreckend anders sind und Dinge anders sehen? Eine praktische Auswirkung davon ist loslassen, aufhören kontrollieren zu wollen und vertrauen. Wann hast Du das das letzte Mal getan?

Max Frisch, die Liebe und das Bildnis

Mirja gibt mir gerade das Tagebuch von Max Frisch(S. 26-27):

„Es ist bemerkenswert, daß wir gerade von dem Menschen, den wir lieben, am mindesten aussagen können, wie er sei. Wir lieben ihn einfach. Eben darin besteht ja die Liebe, das Wunderbare an der Liebe, daß sie uns in der Schwebe des Lebendigen hält, in der Bereitschaft, einem Menschen zu folgen in allen seinen möglichen Entfaltungen. Wir wissen, daß jeder Mensch, wenn man ihn liebt, sich wie verwandelt fühlt, wie entfaltet, und daß auch dem Liebenden sich alles entfaltet, das Nächste, das lange Bekannte. Vieles sieht er wie zum ersten Male. Die Liebe befreit es aus jeglichem Bildnis. Das ist das Erregende, das Abenteuerliche, das eigentlich Spannende, daß wir mit den Menschen, die wir lieben, nicht fertigwerden; weil wir sie lieben, solange wir sie lieben. Man höre bloß die Dichter, wenn sie lieben; sie tappen nach Vergleichen, als wären sie betrunken, sie greifen nach allen Dingen im All, nach Blumen und Tieren, nach Wolken, nach Sternen und Meeren. Warum? So wie das All, wie Gottes unerschöpfliche Geräumigkeit, schrankenlos, alls Möglichen voll, aller Geheimnisse voll, unfaßbar ist der Mensch, den man liebt –

Nur die Liebe erträgt ihn so. (…)

Unsere Meinung, daß wir das andere kennen, ist das Ende der Liebe, jedesmal, aber Ursache und Wirkung liegen vielleicht anders, als wir anzunehmen versucht sind – nicht weil wir das andere kennen, geht unsere Liebe zu Ende, sondern umgekehrt: weil unsere Liebe zu Ende geht, weil ihre Kraft sich erschöpft hat, darum ist der Mensch fertig für uns. Er muß es sein. Wir können nicht mehr! Wir künden ihm die Bereitschaft auf, weitere Verwandlungen einzugehen. Wir verweigern ihm den Anspruch alles Lebendigen, das unfaßbar bleibt, und zugleich sind wir verwundert und enttäuscht, daß unser Verhältnis nicht mehr lebendig sei. ‚Du bist nicht‘, sagt der Enttäuschte oder die Enttäuschte: ‚Wofür ich Dich gehalten habe.‘

Unf wofür hat man sich denn gehalten? Für ein Geheimnis, das der Mensch ja immerhin ist, ein erregendes Rätsel, das auszuhalten wir müde geworden sind. Man macht sich ein Bildnis. Das ist das Lieblose, der Verrat.“

Es ist schon spannend darüber nachzudenken, wie Liebe sich kein Bildnis macht, weil sie dem anderen grenzenlosen Raum lässt zu sein. Liebe erlebt den Moment als ewig und grenzenlos. Wir werden nicht fertig mit dem anderen, weil wir lieben. Da zu empfehle ich als Lesetipp noch: Liebe erfinden. Wegen den Dichtern und dem Greifen nach Bildern. Wie kann man nur denken den anderen  zu kennen? Kann denn das Meer ergründet werden? Ich bin jetzt 10 Jahre, 2 Monate und 19 Tage mit Mirja zusammen und immer noch bin ich dumm und um Antworten verlegen wenn ich sie beschreiben soll. Sie fehlt meinen Worten, sie ist ein Geheimnis.

Unsere Sprache – in klusiv oder exklusiv?

Schon etwas länger höre ich Aussagen wie diese: „Normalerweise kann ich ja verstehen, was Du auf Deinem Blog schreibst, aber wenn Du anfängst theologisch zu reden, versteht man nur Bahnhof.“ Emergenz, Komplexitätstheorie, Schleiermacher und „How (not) to speak of god“ gemischt ist für viele zuviel des Guten. Darum häufen sich Anfragen wie: Kannst Du (und ihr) etwas verständlicher schreiben?

Ich glaube, ich verhalte mich oft exklusiv. Bei der Komunikation via Blog sind viele Begriffe, viele Wortgewordene Gedanken diese bleiben aber oft unverständlich, wenn man nicht zufällig tief in englischsprachlicher Literatur oder einigen wenigen deutschen Theologen eingestiegen ist. Kurz: Ich und auch manch anderer Blogger wird so wahrgenommen, dass man ihn oder sie wenig ohne Studium versteht.

Jetzt könnte man sagen: Nicht jeder Post ist für jeden Leser! Das stimmt. Mancher Leser kann mit Begriffen, Konzepten und Interpretationen mehr anfangen als andere. Grundsätzlich frage ich mich jedoch für wen ich diesen Blog schreibe und ob ich nicht zu viel für die Theologisch vorgebildeten schreibe statt für jedermann. Ein wenig Luther würde ab und an ganz gut tun (man muss dem Volk auf’s Maul schauen). Auf der anderen Seite formuliere ich meine Posts so gut wie nie vor, sondern schreibe einfach darauf los. Meine Sprache zu überarbeiten ist schwierig. Wie hältst Du es mit deíner Blogkommunikation?

 

Wo komme ich her?

Das ist natürlich nicht nur auf meine leibliche Familie bezogen(obwohl diese viel mit meiner Herkunftsempfindung zu tun hat), sondern zielt auf die Frage ab: Wie ist die Menschheit entstanden, wie die Erde/das Universum. Und letztlich am Ende dieser Kette eben ich.

Es gibt viele Theorien, wohl gemerkt, Theorien! Die Wissenschaft beschäftigt sich mit wiederholbaren Vorgängen, die Entstehung unserer Welt aber ist nicht wiederholbar. So deuten wir die Fakten, die wir seit wenigen hundert Jahren gezielt suchen, nach unserer Theorie und versuchen im Nachhinein zu erklären, wie der Prozess der Entstehung unserer Welt funktioniert hat.

Da gibt es die Urknalltheorie, die Schöpfungstheorie und anschliessend die Evolutionstheorie, um die großen Vertreter zu nennen. Weiterlesen

Philosophie

„Das einzige, das wir brauchen um gute Philosophen zu werden, ist die Fähigkeit uns zu wundern“ Jostein Gaarder, Sofies Welt

Hast Du je über eine dieser Fragen nachgedacht:

  • Woher komme ich?
  • Wohin gehe ich?
  • Wer bin ich?
  • Was hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin?
  • Was ist gut oder böse?
  • Woher weiß ich das was ich weiß?
  • Wie kann ich mir sicher sein?
  • Ist das, woran ich glaube das richtige?

Glückwunsch – du könntest ein Philosoph werden oder bereits sein. Philosophie beschäftigt sich damit zu reflektieren, d.h. sich selbst darüber Rechenschaft zu geben wer man ist. Sie hört leider zu oft da auf, denn meiner Meinung gehören die Fragen nach Staat und Gesellschaft ebenso mit hinein. Vorbereitend auf meine Zeit in Narbonne Plage habe ich ein paar Posts geschrieben, die in meiner Abwesenheit erscheinen werden und die sich alle mit Philosophie beschäftigen und den Fragen, die oben stehen. Ich hoffe wir kommen trotz meiner Abwesenheit (ich kann auf Kommentare nicht reagieren) in eine Art Gespräch, in einen Austausch über diese Fragen.

Für heute stelle ich meine erste These auf: Es gibt Menschen, die sich nicht oder nicht mehr fragen woher sie kommen, wer sie sind usw. diese Menschen leben „einfach“, sie beschäftigen sich mit den konkreten Situationen in denen sie leben. Weiterlesen