Freischwimmer

Was tun, wenn ein Evangelist seinen Glauben verliert? Jemand, der tausende eingeladen hat eine Begegnung mit Jesus zu haben. Torsten macht sich auf den Weg und spricht, sucht, lässt nicht locker. Das Buch „Freischwimmer“ dokumentiert diese Suche und die Gespräche, das Fragen, Zweifeln und auch die Antworten.

Cover von Freischwimmer

Christina Brudereck spricht mit, Andreas Malessa, Prof. Dr. Stefan Jung und viele andere mehr. Und auch die Gesprächspartner fragen, zweifeln und glauben. Trotzdem. Sie lassen sich ein auf Torstens Fragen

Ich habe immer wieder Abschnitte aus diesem Buch gelesen, nicht am Stück, sondern nach und nach, es gab viel anderes zu lesen in diesen Tagen. Am Ende findet Thorsten zurück zu dem Gott, den er atmet, ein und aus, in dem er schwimmt. Viele dieser Gedanken, vieler dieser Fragen sind und waren solche, die ich selbst bereits gestellt habe von daher war vieles bekannt. Vielleicht wie Wasser ein bekanntes Medium ist, aber jeder Mensch selbst schwimmen lernen muss. „Freischwimmer“ ist also ein Titel, der mehr als passend ist. Wie lernt man in diesem komplexen Ganzen zu schwimmen? Am Ende macht mir dieses Buch Mut zu meinen Zweifeln zu stehen. Am Rande: ich habe mitbekommen, wie eine christliche Buchhandlung die Entscheidung getroffen hat, dieses Buch nicht zu kaufen, nicht zu bewerben. Darf man Zweifeln, als Evangelist? Darf man über Zweifel reden? In der Meinung dieser Buchhandlung nicht. Ich finde es mutig, nötig und wichtig.

Der behinderte Gott

Es gibt so viele Geschichten von Menschen, die eine Behinderung haben. Ich habe das Privileg ein paar davon zu kennen und ich lerne gern neue Geschichten dazu. 

Neulich schrieb eine Freundin, Mutter eines Down-Syndrom Kindes, darüber wie sie immer wieder damit kämpft, dass ihr Kind eine solche Behinderung hat, was es sie kostet und wie sich ihr Leben als Familie dadurch verändert hat. Und sie stellt die Frage nach Gottes Beitrag in all dem.

Normalerweise kneife in solchen Situationen. Da sollen doch bitte andere, weisere Menschen antworten. Diesmal – vielleicht weil ich gerade auf der Konferenz der evangelisch-freikirchlichen Gemeinden war und einen wunderbaren Tag zum Thema „Inklusion“ erleben durfte – war es anders. Ich schrieb: 

Nachdem ich erleben durfte wie Rainer Schmidt mit seiner Behinderung umgeht und uns zum Nachdenken gebracht hat. Habe ich eine andere Sichtweise bekommen. Er sagte: „In Gottes Augen sind wir alle behindert“ das musste ich hören. Und auch wiederholen. Ich bin behindert. Wir sind. Ich bin. Und dann ist mir aufgefallen, dass wir einem behinderten Gott folgen. Unendliche Größe kleidet sich in Stramplergrösse 50. Gott behindert sich in Jesus. Wird „dis-abled“. Das hat mir geholfen zu verstehen und zu lernen.

Klar können und sollen wir wachsen, an Wert gewinnen, werden. Das ist aber inklusiv. Wenn Gott behindert wurde, ich ebenso behindert bin, wie kann ich dann von Anderen als „behindert“ sprechen. Ich bin froh Menschen unterschiedlicher Behinderung zu kennen. Inklusion. Ein weiterer Teil davon was es bedeutet Mensch zu sein. 

Eine bunte evangelische Kirche mit freikirchlicher Organisationsstruktur

Vom 04.-07. Mai durfte ich als Gemeindegründer bei der Bundeskonferenz der evangelisch-freikirchlichen Gemeinden in Deutschland dabei sein. Das Motto lautete: „Bunte Gemeinde – Staunen über Christus im Anderen“ (Link führt zur Konferenzdokumentation).

Michael Diener vom Gnadauer Verband eröffnet die Bundeskonferenz mit dem Thema „Gott will bunte Gemeinde“

Natürlich war ich nicht allein – andere vom Gründerteam von „Weiter Raum Marburg“ waren ebenfalls anwesend, aber dennoch wusste ich nicht so ganz: was erwartet mich dort? Vielfältiges – neben dem hervorragenden Programm – z.B. Michael Diener als Anfangsredner, einem ganzen Tag, der dem Thema „Inklusion“ gewidmet war – inklusive Gottesdienst in leichter Sprache und Musik von einer inklusiven Band, weiteren Elementen, Berichte von Geflüchteten und Angekommenen und vielen, vielen Begegnungen mit Gründerinnen und Gründern, Pastorinnen und Pastoren und so vielen anderen Menschen mehr. Der Kabarettist, Pfarrer und Tausendsassa Rainer Schmidt hat uns zu Tränen gerührt – Lachtränen und Tränen der Rührung. Ich habe an diesem Abend mehr über meine Einstellung zu Menschen mit deutlicherer Behinderung als ich sie habe gelernt, als in meinem ganzen Leben vorher. Lachend.

Ein bunter Bund evangelischer Christen, die sich als Freikirche organisieren. Ich bin Menschen begegnen, die von ihrem Bund, dem weltweiten Bund, völlig überzeugt waren. 42 Millionen zählen sich immerhin weltweit zu dieser evangelischen Kirche. „Baptists“ – der

Paul Msiza (Präsident des Weltweiten Bundes der Baptisten) predigt

Präsident Paul Msiza war zu Gast und trotz der hochkarätigen Besetzung war das ganze sehr unaufgeregt, natürlich und leicht. Ca. 1100 Menschen in Kassel im Prinz-Max-Palais treffen sich entspannt. Und verhandeln dabei aber auch ernste und bewegende Themen als Bund. Da wurden kritische Töne geäußert, Rednerlisten geführt, Anträge gestellt und Meinungen ausgefochten. Aber eben in dieser Haltung: wir stehen zusammen und wollen das auch. Basisdemokratisch mit dem Stimmzettel in der Hand. Das Ganze macht auf mich einen guten Eindruck und manche schwierige Begegnung meiner Vergangenheit wurde versöhnt. Ich habe diese Tage als lohnenswert und tiefgängig erlebt und freue mich auf viele weitere Begegnungen mit evangelischen Menschen, die sich nach Art einer Freikirche organisieren. Da ist viel Freiheit in der Luft und das gefällt mir gut.

Die Kongressdokumentation findet sich hier.

Das Kongressvideo:

Die Bildmaterialien stammen von davidvogtphotography.com – alle Rechte verbleiben beim Urheber

0,0 Prozent

Interessante Zahl aus dem Philosophie Magazin:
„Nicht ein einziger Isländer unter 25 Jahren glaubt, dass Gott die Welt erschaffen habe.
Doch das heißt nicht, dass es auf der Vulkaninsel keine Spiritualität gebe.
62 Prozent der Isländer halten die Existenz von Naturgeistern wie Elfen und Feen für möglich. Im kargen, asketischen Norden scheint sich somit ein Satz Feuerbachs zu bewahrheiten „Je mehr das Sinnliche verneint wird, desto sinnlicher ist der Gott, dem das Sinnliche geopfert wird.“ (Philosophie Magazin 03/2016; S. 12)

Es geht doch…

Vor ein paar Tagen haben wir als Familie das örtliche Kino besucht. Zoomania stand auf dem Spielplan. Im Trailer (siehe oben) konnte man bereits herzhaft lachen über eine Szene in einer Behörde, welche von Faultieren (welche Tiergattung auch sonst?) betrieben wurde. Als Sohn eines mittlerweile pensionierten Beamten natürlich doppelt witzig,weil ich doch so manchen Beamtentypus wieder erkannt habe.

Was mir aber hernach so gefallen hat waren die menschlichen Probleme, die die Tiere zu bewältigen hatten. 10 Klimazonen auf engstem Raum (wir übersehen die Mengen an Energie, die nötig wären um die Sahara, die Eistundra und den Regenwald nebeneinander), die noch so unterschiedlichen Tieren wie Eisbären, Maulwürfen, Giraffen, Elefanten, Panthern und Hasen ihr jeweiliges Habitat bieten. Und damit fangen in der Stadt Zoomania die Probleme an. Generell hat man – pardon tier – seine wilde Vergangenheit überwunden. Raubtiere leben gemeinsam mit ehemaligen Beutetieren auf den ersten Blick friedlich zusammen. Natürlich trügt der Schein und ruft eine junge Häsin names Judy Hopps (genial synchronisiert von Josephine Preuß) in den Polizeidienst. Das Nagetier-Landei erkämpft sich seinen Platz in der ansonsten von Muskel-Tieren dominierten Polizei gemäß dem amerikanischen Traum: In Zootopia, dem Land der Tiere, kann alles werden, was ich will. Und so kommt sie in Zoomania, der oben erwähnten Mega-City der Tiere, an, im wahrsten Sinne des Wortes „bright-eyed and bushy-tailed“. Allerdings ist nichts so schön, wie es scheint, denn Zoomania ist ein Ort voller Diskriminierung und Segregation der Tierrassen. Von der Elefanteneisdiele, die sich vorbehält andere Tiere nach Gutdünken des Ladens zu verweisen über die „Nagetier-Stadt“, die durch einen ca. 2,5 m hohen Zaun abgetrennt ist, bis zu dem Bürgermeister, der deutlich seine Überlegenheit als Löwe nutzt und seine Vize-Bürgermeisterin – ein Schaf – nach Kräften unterdrückt.

Und hier schlägt für mich das Herz des Films, dargestellt in den beiden Hauptfiguren – Nicholas Wilde (synchronisiert von Florian Halm), einem Draufgänger, Gauner und Trickbetrüger und der mutigen Selfmade-Häsin Hopps. Die beiden müssen ihre jeweiligen Vergangenheitserfahrungen verwinden und als Raub- und Beutetier eine Lösung für das unweigerlich auftauchende Komplott gegen die Einheit von Zoomania suchen. Fuchs und Hase zusammen. Dieses Paar hat inklusive Kraft, die weiter geht – angetrieben von einer gemeinsamen Mission schaffen sie es die innerlichen wie äußerlichen Unterschiede zu bewältigen um zu einem Team zu werden.

Das weckt selbstredend Gedanken an Löwe und Lamm, an ein Utopia besonderer Art. Und so ist auch der englische Titel des Films besser gewählt als der deutsche: Zootopia. Wir konnten mit unseren Kindern durch diesen Film Verschiedenartigkeit und Zusammenleben mit andersartigen Anderen zum Thema machen. Das war wirklich ein guter Kinobesuch mit Tiefgang. „Zoomania“ sei auch jedem Erwachsenen ans Herz gelegt!

 

Ostern im Garten

Ostern im Garten

Manchmal fallen einem die Bilder vor die Füße – an Ostern sind nur normale Dinge im Garten hier passiert und dennoch haben sie in ihrer eigenen Sprache von Ostern erzählt. Der Tisch der Gastfreundschaft in dem der Hungrige Nahrung findet, die Einladung an alle, sogar an diejenigen, die per Definition gegen die Tischgemeinschaft arbeiten. Bei dem Vogelhäuschen werden Eichhörnchen satt, Elstern, aber auch Gründfinken, Zeisige, Kleiber und was nicht noch alles für Getier. Jesu Tisch am Gründonnerstag lädt alle ein und bleibt durch die Jahrhunderte ein Zeichen für Inklusion. Unsere Umsetzung von „Weiter Raum Marburg“ hat 14 Menschen an einen Tisch gebracht, darunter 1 Teenager, 1 Junge Erwachsene, 1 Rentner, 1 Mensch mit Behinderung, 1 Katholikin, 2 Syrer, davon 1 orthodoxe Christin, 1 Muslim.

Der tote Vogel lag auf 1 Meter Höhe in einem Holzsstapel. Es gab keinen klaren Grund, warum er starb, er lag dort. Fast friedlich. Seine Artgenossen fliegen im Garten herum, streitend, schimpfend und voller Leben. Für ihn hat das Leben ein jähes Ende gefunden. Es war ein seltsames Stillleben. Das Leben ist still. Und so findet man den Tod im Garten als Selbstverständlichkeit, als Teil und dennoch als Frage. „Papa, warum ist der Vogel gestorben?“ fragten meine Kinder Sekunden nach dem Fund. Niemand kann so intensiv mit und für einen kleinen Vogel fühlen wie Kinder. Der Tod ist für sie noch zugleich namenloses Grauen und Normalität. Jesus starb durch das Kreuz, aber sein Tod ist ein Tod. Eine Normalität. Vor ihm starben viele, viele Menschen, nach ihm starben vielmehr Menschen. Und dennoch wurde uns mit uns an diesem kleinen Vogel wieder bewusst, dass der Tod eine Realität ist. Hart. Kalt. LebLos.

Und dann. Am Nachmittag des Ostertages gab es neues Leben im Gartenteich. Man hat ja förmlich darauf gewartet, so dick wie die Fröschin vorher durch den Teich geisterte. Aber wir kannten den Zeitpunkt nicht in dem sie ablaichen würde. Und da lag er dann, zunächst klein, aber immer mehr Flüssigkeit aufnehmend, raumgreifend und unübersehbar: Leben. Neues Leben. Es wächst im Kleinen auf und wird doch bald krabbeln, kriechen, sich ausbreiten. Im christlichen Rückblick war Jesu Auferstehung angekündigter Höhepunkt der Geschichte Israels. Kaum zu glauben, dass Jesu Nachfolger es nicht haben kommen sehen. Den Ostersonntag. Die Auferstehung, das neue Leben.

Manchmal kann man Ostern im Garten entdecken, wobei sich die Bilder förmlich aufdrängen. Mir bleibt Hoffnung, die Hoffnung der Auferstehung, die Hoffnung neuen Lebens. Manchmal kann man es in der Luft spüren, im Wind schmecken, im Licht ahnen. Für mich in diesem Jahr etwas besonderes, mein Garten-Osterfest.

Seth Godin „Über das Nein sagen“

Seth Godins schreibt immer mal wieder sehr interessante Dinge auf seinem Blog. Auf das hier hat mich Maria Herrmann aufmerksam gemacht (Danke!) und ich hatte gerade ein paar Minuten und hab es übersetzt (Englisches Original hier):

Wenn Du nicht stolz darauf sein kannst, dann hör auf dafür zu arbeiten

Wenn Du keine Chance darauf hast Deine Arbeit wirklich gut zu machen, sag nicht zu.

Wenn es Dich von dem wegbringt was wirklich zählt, lass es vorbei ziehen

Wenn Du nicht weißt, warum sie wollen, dass Du das tust, frag nach.

Wenn Du es vor Deiner Mutter verstecken müsstest, denk noch mal drüber nach.

Wenn es Dir etwas bringt, aber nicht denjenigen, die Dir etwas bedeuten, sag ab.

Wenn alle es tun ist es immer noch keine ausreichende Begründung.

Wenn Du damit eine Gewohnheit einübst, die Dich auf Dauer zu viel kostet, fang gar nicht erst an.

Wenn es Dich nicht vorwärts bringt, zögere ein wenig und lass es gut sein.

Der Sprint wird immer dringend erscheinen und der Kompromiss lacht verführerisch, aber der Marathon wird Dich immer wieder an die guten „Neins“ erinnern.
Anderseits: wir sollen auch „Ja-Sagen“ können. Sag „Ja“ und dann bau etwas auf das Sinn macht.

(Jugend-) Gemeinschaften gründen

Mein Kollege Richard und ich geben derzeit am CVJM Kolleg in Kassel einen Kurs zu „Neugründung und Wiederbelebung von Jugendarbeit und -gemeinde„. Wir haben die Kurswoche konzipiert und versucht eine Balance zwischen persönlichen Elementen (Motivation, Leiterschaft), gesellschaftlichen Voraussetzungen (Kontextanalyse, Milieus, Postchristliche Situation), theologischen Fragen (Missio Dei, biblische Impulse) und – last, but not least – auch praktische Tools (wie Kreativitätstechniken, Fundraising, Projektplanung und Rechtsform).

Was mich heute enorm begeistert hat war die Tatsache, dass die Studierenden auf die Frage „was erwartet ihr von einem solchen Kurs?“ fast exakt diese Themen nachgefragt haben. Wenn sich Selbstmotivation der Studierenden und Lerninhalte der Lehrenden in diesem Maße decken ist das etwas besonderes. Ich lerne viel und Richard rockt das Haus – im Foto mit dem Roten Faden der Missio Dei in der Bibel. IMG_3259

Amerikanischer Autoritarismus

Bei der morgendlichen Lektüre bin ich über einen Artikel gestolpert über den „Aufstieg des amerikanischen Autoritarismus“ (hier: Artikel auf vox.com)

Der Artikel ist lang und komplex und trotzdem empfehle ich jedem interessierten, englisch sprechenden die Lektüre. Es lohnt sich, wenn man das Phänomen Donald Trump verstehen will – immerhin ist er auf dem Weg Präsidentschaftskandidat der Republikaner zu werden (FAZ Artikel) und nach dem Obama Frust der meisten Amerikaner hat er auch gute Aussichten auf die Präsidentschaft. Das hatte vor 3 Monaten noch kaum jemand geglaubt. Jetzt sieht manches anders aus.

Warum unterstützen viele Amerikaner Trump? Ein Mann, der ausfallend, hasserfüllt und –selbstredend – unhöflich ist. Manche Christen lassen sich nicht blenden und so schreibt Max Lucado, bekannter Autor und Pastor, über seine „in-decency“. Andere Evangelikale scheinen Trump jedoch zu hofieren. Das lässt mich schaudern.

Hier sei ebenfalls auf die Wiederkehr von Mark Driscoll verwiesen. Fast unbemerkt gründet der  nämlich wieder eine Gemeinde. Gibt es da einen Zusammenhang zwischen der Art wie Driscoll agiert hat und dieser Autoritätsgläubigkeit/-hörigkeit von der der Artikel spricht?

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Von der Vergangenheit angenehm besucht

„Liebende schauen einander unentwegt an, Freund aber schauen in die selbe Richtung“ C.S. Lewis

Heute haben wir Besuch gehabt von lieben Menschen, die wir „von früher“ her kennen. 13 Jahre mindestens haben wir uns nicht gesehen. Trotzdem waren die Gespräch herzlich, die Gedanken tiefgängig und das Lachen ungekünstelt. Mit manchen Menschen geht das. Vielleicht liegt es auch an der gemeinsamen Lebenswelt, die zwar partikular unterschiedlich, aber im Ganzen ähnlich ist. Kinder, Job, Gemeinde(-e), ähnliche Erfahrungen. Immer mehr fällt mir auch auf, dass Verletzungen und schmerzliche Erfahrungen eine verbindende Wirkung haben. Da kann man am anderen das vertraute, alte entdecken und zu gleicher Zeit die Reife spüren. Manchmal ist die Vergangenheit angenehm, warm, vertraut. Obwohl die Lebenswege unterschiedliche Ziele haben ist die Richtung gleich geblieben. Das ist ein großes Geschenk!

Haruurara – ein echter Star?

  Geschichten wie die von Haruurara, eines Pferds, das noch nie ein Rennen gewonnen hat, bewegen mich. Dieses Pferd hat mehr als 100 Rennen in Folge verloren und das in Japan. Wenn ich meine kulturellen Kenntnisse über Japan richtig deute, dann ist es eine Gesellschaft, die viel Wert auf Erfolg legt.

Für die Japaner wurde Haruurara zu einem Star. Warum? Warum ein Pferd, das konstant verliert?

Ich frage mich oft, ob ich verlieren darf, ob ich weniger sein darf und ob zum Schluss nicht alles sich um das Gewinnen dreht. Bekomme die Aufmerksamkeit Deiner Zuhörer, schreibe den intelligenten Beitrag, hab die zündende Idee.

100 verlorene Rennen sprechen gegen Haruurara. Oder für Haruurara? Es ist jetzt einfach zu nicken und zu sagen „klar ist es ehrenvoll zu verlieren“ oder „es ist ja irgendwie wichtiger zu sein als zu gewinnen„.
Kopfwertmäßig ist das Richtig. Aber wir funktionieren nicht über unseren Kopf. Haruurara ist keine Heldin. Haruurara stellt unser Verständnis und unser Gefühl für das was Erfolgreich ist auf den Kopf. Könnte ich mit 100 verlorenen Rennen leben? Haruurara, als Pferd, kann es wohl. Menschen aus Japan kaufen mittlerweile ihr Schweifhaar als Glücksbringer.
Ich will nicht 100 mal verlieren, aber ich habe Angst davor, dass meine Kinder verlieren oder Menschen die mir lieb sind. Was bin ich also wert? Und woran mache ich diesen Wert fest? 

Die Gegenfrage muss auch noch vorkommen: Was geschieht eigentlich, wenn ich ein Rennen gewinne? Ich bleibe mal nachdenklich und lasse diesen Post offen. 

Novavox Konferenz Rückblick

4002645178_073c150fcf_o.jpgEs wird längst Zeit wieder einmal ein paar Zeilen auf diesem Blog zu schreiben. Im Moment bleibt zu vieles ungeschrieben, weil einfach kaum Zeit bleibt.

Es ist schon wieder 14 Tage her, dass ca. 200 Menschen aus dem ganzen Bundesgebiet sich versammelten, um Alan Hirsch und Marlin Watling (die beiden Hauptredner) zum Thema „Jesus neu entdecken“ reden zu hören. Organisiert haben wir von novavox die ganze Sache und einen Ort hat es im ICF Karlsruhe gefunden.

Für mich war das alles wie ein Rausch – die ganze Konferenz waren wir mit allerlei Aufgaben zugeballert, dass kaum Zeit blieb mal ein vernünftiges Gespräch zu führen.

Schön war die Zeit mit Alan – ich habe ihn vom Flughafen geholt und auch wieder hin gebracht und mit dem Team haben wir weitere Pläne geschmiedet, wie man missionales Handeln in Deutschland weiter fördern kann. Konkret gibt es bald wieder neue Bücher – Organic Leadership von Neil Cole z.B. wird gerade übersetzt und The Forgotten Ways von Alan kommt ebenfalls 2010 in Deutsch heraus.

Das ist eine gute Sache, finde ich. Das konkrete der Konferenz war aber den Ernst der Lage wieder neu zu entdecken – die Kirche ist marginalisiert worden – längst ist sie nicht mehr das, was sie mal war. Jeder von uns hat das schon festgestellt, aber dennoch ist es wichtig es immer wieder zu sehen. Statt zu jammern (was soll man machen?) oder in blinden Aktivismus (wir müssen uns nur mehr anstrengen! schlägt Alan vor Jesus neu zu entdecken. Das macht Mut und setzt den Fokus auf das, was wichtig ist: Nicht unser Aufwand, nicht unsere Taten, sondern seine Wege. Und wie die aussehen können, davon gab es einiges während dieser viel zu kurzen zwei Tage.

Mir ist wichtig geworden mutiger zu werden und nicht immer klein bei zu geben. Gott hat viel vor und man kann mit ihm gemeinsam handeln – es wird aber eben einiges an Mut erfordern.

Einen lieben Dank an Rogier Bos für die Bilder – hier geht es zu dem ganzen Set

Lewis über die Inkarnation in Sprache

Es stammt aus einem Buch, dass ich bis jetzt noch nicht gelesen habe (ich lese mich so beständig durch Lewis gesamte Werke). „Gespräch mit Gott“ ist sein Buch über die Psalmen und wieder kann ich nur feststellen, dass es einfach gut ist.

Ein Zitat:

„Ich möchte mehr darin [in einer dichterischen Ausdrucksform Gottes] vermuten. Mir scheint es angemessen, dass die Sprache jener gewaltigen Phantasie, die am Anfang zu ihrem eigenen und zum Entzücken der Menschen, Engel und Tiere (je nach deren Weise) die ganze natürliche Welt erfand und formte und schliesslich geruhte, sich in menschlicher Rede auszudrücken – mir scheint es unausweichlich, dass diese Sprache mitunter dichterisch sein musste. Denn auch Dichtung ist eine kleine Inkarnation, wodurch etwas, das vorher unsichtbar und unhörbar war, einen Leib bekommt.“ (Seite 35)

Während meiner Zeit an der FTA hat mich ein junger Mann, der gerade seinen Weg mit Jesus angefangen hatte gefragt: „Warum sind eure Predigten so langweilig? Warum gibt sich niemand Mühe eine gute Sprache zu finden? Von Gott müsste man doch eigentlich in Versen sprechen!“ Ich habe das nie vergessen und bin froh, dass von Gott in unendlicher schöner und poetischer Sprache gesprochen wird, Balsam für unsere Ohren und ein Türöffner für unsere Herzen. Die Psalmen.

Rainer Maria Rilke schreibt in einem Brief an seinen Verleger:

„Ich habe die Nacht einsam hingebracht und schliesslich die Psalmen gelesen, eines der wenigen Bücher, in dem man sich restlos unterbringt, mag man noch so zerstreut und ungeordnet und angefochten sein.“

150 wundervolle Schätze – wann hast Du das letzte Mal Psalmen gelesen?