Bei der morgendlichen Lektüre bin ich über einen Artikel gestolpert über den „Aufstieg des amerikanischen Autoritarismus“ (hier: Artikel auf vox.com)
Der Artikel ist lang und komplex und trotzdem empfehle ich jedem interessierten, englisch sprechenden die Lektüre. Es lohnt sich, wenn man das Phänomen Donald Trump verstehen will – immerhin ist er auf dem Weg Präsidentschaftskandidat der Republikaner zu werden (FAZ Artikel) und nach dem Obama Frust der meisten Amerikaner hat er auch gute Aussichten auf die Präsidentschaft. Das hatte vor 3 Monaten noch kaum jemand geglaubt. Jetzt sieht manches anders aus.
Warum unterstützen viele Amerikaner Trump? Ein Mann, der ausfallend, hasserfüllt und –selbstredend – unhöflich ist. Manche Christen lassen sich nicht blenden und so schreibt Max Lucado, bekannter Autor und Pastor, über seine „in-decency“. Andere Evangelikale scheinen Trump jedoch zu hofieren. Das lässt mich schaudern.
Hier sei ebenfalls auf die Wiederkehr von Mark Driscoll verwiesen. Fast unbemerkt gründet der nämlich wieder eine Gemeinde. Gibt es da einen Zusammenhang zwischen der Art wie Driscoll agiert hat und dieser Autoritätsgläubigkeit/-hörigkeit von der der Artikel spricht?
Autoritätsgläubige/-hörige Menschen, die sich von Trump begeistern lassen, haben diese Eigenschaft unterschwellig sagt einer der Forscher, fast verborgen. In einem Zustand von gefühlter, äusserer Bedrohung komme diese Eigenschaft der Autoritätsgläubigkeit/-hörigkeit zum Vorschein: Ein vollständiges Zitat von Karen Stenner (aus dem Buch The Authoritarian Dynamic):
In times of low moral threat, when they perceive that the country is relatively unified and the moral order is not being subverted, they are not particularly intolerant (Stenner finds). But, when they perceive that the moral order is falling apart, the country is losing its coherence and cohesiveness, diversity is rising, and our leadership seems (to them) to be suspect or not up to the needs of the hour, its as though a button is pushed on their forehead that says “in case of moral threat, lock down the borders, kick out those who are different, and punish those who are morally deviant.” So its not just rising immigration and diversity that has activated American authoritarians — it may be our rising political polarization itself, which has activated and energized a subset of the electorate that is now lionizing Trump as the first major candidate in a long time who has spoken to their fears and desires. In short, Trump is not a conservative, and is not appealing to classical conservative ideas. He is an authoritarian, who is profiting from the chaos in Washington, Syria, Paris, San Bernardino, and even the chaos on campuses, which are creating a more authoritarian electorate in the Republican primaries. (Hervorhebungen meine)
Wenn eine Bedrohung durch Andersartigkeit aufkommt, dann schliesst die Grenzen, schiebt diejenigen ab, die abweichen und bestraft die Übertreten. Angst und Autorität führt zu Abgrenzung.
Die Forscher haben schlüssig herausgefunden, dass es einen weiteren Zusammenhang gibt: je mehr Angst Menschen vor spezifischen Bedrohungen (z.B. IS) und unspezifischen Bedrohungen (z.B. die Weltlage allgemein) haben, um so mehr neigen sie zur Unterstützung von Autoritäten wie Trump. Die starke Leiterfigur schafft Sicherheit in unsicheren Zeiten.
Der Artikel stellt verschiedene Bereiche vor, in denen Autoritätsgläubige/-hörige diametral anders reagieren als nicht-autoritätsgläubige: Gleichgeschlechtliche Eheschliessungen und Bau von Moscheen werden z.B. von ersteren als Bedrohung empfunden, von letzteren eher als Bereicherung. Alles, was den Status quo sichert – wie z.B. Donald Trump – wird daher eher begrüßt, während vermeintlich destabilisierende Kräfte abgelehnt werden.
Leider zeigt die nächste Grafik, dass es nicht bei Ablehnung bleibt.
Gleich der erste Eintrag ist signifikant: die Bereitschaft dazu militärische Gewalt einer diplomatischen Lösung vorzuziehen ist bei dem Lager der Autoritätsgläubigen/-hörigen stark ausgeprägt. Angst und Bange wird mir bei dem Gedanken, dass der Präsident der Vereinigten Staaten zugleich auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist und die Schlüssel zu dem Nukleararsenal innehält. Donald Trump könnte diese Mann werden. Amerika wird uns zeigen, wie und ob es mit seiner Angst umgehen kann oder eben nicht. Spätestens im November bei den Präsidentschaftswahlen.
Miroslav Volfs Ansatz von Versöhnung in „Von der Ausgrenzung zur Umarmung“ wäre hier sicherlich ein wichtiger und besserer Weg als auf den nächsten „Starken Mann“ zu bauen und sich abzugrenzen.