Nachdem ich einen Post von Sebastian Heck („Post-modern“ oder „most“-Modern) kommentiert habe, in dem ich mit der Frage nach der Orthopraxie also dem richtigen Handeln (Punkt 5.) zum Schluss gekommen bin, dachte ich mir: Gutes Thema um selbst etwas schreiben.
Vielerorts wird vieles gedacht und geschrieben – seit dem es Blogs gibt sogar noch mehr und schneller als zuvor, weil man nicht warten muss bis ein Buch zum Thema erscheint – irgendwer bloggt darüber (versucht es selbst: Bei Technorati einen Begriff eingeben und staunen…). Man diskutiert und fragt sich Sachen wie:
Was ist Theologie, was ist Emerging Church, ist Brian McLaren ein Ketzer oder ein Reformator, Leben wir in der Postmoderne oder ist die Emerging Church eigentlich nur die Vorstufe des Abfalls vom Glauben? Antworten gibt es viele oder keine und wir bleiben im Gespräch.
Natürlich mengt sich in diese Fragen nach dem richtigen Glauben (nach der Orthodoxie) immer wieder die Frage nach dem veränderten Handeln, ähnlich meinem Beispiel der Zisterzienser, wo Klosterarchitektur und -leben sich nach der Lehre der Zisterzienser richtete (Danke übrigens für den guten Kommentar von Dirk), aber da wir zumeist nur virtuell diskutieren bleibt es bei dem Diskutieren und geht selten in die Praxis. Es sei denn wir erzählen unsere Sicht der Praxis und lassen andere daran teilhaben. Ich stelle fest, dass mich diese Geschichten am meisten interessieren, weil in ihnen unser Denken, unser Ringen um Orthodoxie, Ausdruck findet. Ich finde sie aber nur selten und ich denke das dies auch am Medium, Internet und an unserer Bescheidenheit (‚Wen soll interessieren wie unser Gottesdienst aussieht?‘ oder ‚Wie sieht das aus, wenn ich jetzt über den Gottesdienst schreibe, den ich vorbereitet habe?‘).
Ich selbst habe meinen letzten praktischen Beitrag vielleicht hier geschrieben oder hier, je nachdem wie man das sehen mag. Dabei ist unser Handeln so wichtig geworden, vielleicht zu der einzig hörbaren Botschaft. Oft, wenn ich diese Diskussionen lese, muss ich mich zügeln nicht zu schreiben: Und wie sieht das praktisch aus? Was tust Du, wenn du zu diesem Ergebnis gekommen bist? Wenn du zu dem Ergebnis gekommen bist, dass xyz der bessere Weg wäre, warum tust du abc?
Versteht mich jetzt nicht falsch, denn ich möchte nicht Aufpasser spielen, sondern bin echt daran interessiert, wie Handeln und Glauben zusammen passt. Und beides muss zusammen passen. Ich bin auch daran interessiert (Stichwort Dialog) wie Andersglaubende handeln und wo die Unterschiede sind. Kester Brewin hat eine interessante Vorhersage gemacht (Die Ron Kupsch, verzeih bitte, überinterpretiert hat mit seinem Post „Kommt für die Emerging Church 2008 der Kollaps?“ – Hufi hat hier zu Recht darauf hingewiesen, dass das anders gemeint war – aber die Ãœberschrift war zu… spektakulär..denke ich…):
„2008 will be about … …the collapse of the emerging church as a popular project“ in den Kommentaren spricht er aber etwas anderes an:
„Not that I think that that means ‚game over‘ for all that people like Emergent stand for – far from it actually – but I think people may increasingly assimilate those ideas into their practice without taking the name. (I think for some time this has been foreseen in the collapse in usefulness of the term ‚emerging church‘, which is so tired as a phrase it has begun to mean nothing.)
I think people have become tired of a whole lot of talking, and want to see things actually happen… and when stuff actually happens, it tends to be quieter and create less internet hum than the talking about it. But it’s just a hunch.“ (Hervorhebungen von mir, Quelle: Kester Brewins Blog)
Ich übersetze den für mich bedeutsamen Satz: „Ich glaube dass die Leute müde geworden sind über diesen endlosen Gesprächen und jetzt die Umsetzung davon herbeisehen…und wenn dann die Sachen tatsächlich ins Rollen kommen, dann wird es zumeist ruhiger und es gibt weniger Internet-Berichterstattung, als wenn man nur darüber redet ‚zu handeln‘.“
Ich bin davon überzeugt, dass es eine Balance geben muss und versuche in meinem Leben diese Balance neu zu finden, neu zu verhandeln. Denn zu oft ist der Schein des Handelns wichtiger als das Handeln selbst, als wären wir ein Generation von Internet-Posern geworden, denen leider die Substanz fehlt. Aber ich habe Hoffnung für mich und auch für die Leute, die sich danach sehnen, dass etwas passiert: Begegnungen, Beichte, Berichte, Geschichte und Geschichten. Echte Kontakte und Lebens und Kulturveränderung indem wir mit dem zusammenarbeiten, der unser Handeln schon vorbereitet hat: „Denn was wir sind, ist Gottes Werk; er hat uns durch Jesus Christus dazu geschaffen, das zu tun, was gut und richtig ist. Gott hat alles, was wir tun sollen, vorbereitet; an uns ist es nun, das Vorbereitete auszuführen“ (Epherser 2, 10 nach der NGÃœ). Ich glaube das viele echte Kontakte und mutige Fragen uns gemeinsam weiter bringen.
Ich würde gern 2008 viele Berichte über Handeln schreiben und lesen. Und nicht Handeln, um zu schreiben oder lesen, um zu zerreden, sondern um zu lernen, beim Handeln und beim Lesen. Wie sieht es bei dir aus?
Vor dem Hintergrund der Frage nach dem künftigen Verbleib der EC-Bewegung (und vielleicht eher der Frage, ob der Titel „Emerging“ wirklich so hilfreich ist), legst Du den Finger m.E. auf den richtigen (wunden?) Punkt:
Weniger darüber diskutieren, wie hilfreich Titel sind und weniger darüber philosophieren, was denn möglicherweise und ganz vielleicht und theoretisch im Jahr 2008 mit der EC-Bewegung sein wird …
sondern einfach machen.
Klar – zum Machen kann auch wesentlich die Debatte gehören. Schließlich werden damit Gedanken geformt, die dann im besten Fall unser Handeln motivieren.
Aber mich spricht das sehr an:
Es wäre schön, noch mehr vom Handeln zu hören und zu lesen.
Damit muss ich mich ebenso hinterfragen.
Dann aber auch die Praxis:
Ich meine durchaus, das „Richtige“ zu sehen und dass das „Richtige“ getan werden müsste.
Aber dann erfahre ich etliche Hindernisse und Begrenzungen. Meine Träume und Gedanken gehen (vielleicht natürlicherweise?) weiter als mein tatsächliches Tun.
Ich kann mit Leidenschaft über das Künftige reden. Aber die ersten, wenn auch kleinen Schritte zu tun – das erfordert Geduld, Kampf und das chronische Wiederaufstehen.
Und noch das zum Thema „Reden und Handeln“:
Die manchmal gefühlte Kluft ist sicherlich eine Nebenerscheinung der Diskussion im Internet.
Es läuft auf der Internet-Basis „nur“ virtuell ab, aber das mitunter tägliche Ringen des Einzelnen in seinem Kontext bekommen wir kaum mit.
Daher die Rückfrage:
Wäre es hilfreicher, wenn mehr darüber geschrieben würde, was der Einzelne in seinem Wochenverlauf beim Handeln erfahren hat – und weniger darüber geschrieben würde, was schön wäre, aber dann doch nicht getan wird?
Ist es das, was Du meinst?
[…] Unser Treffen Motiviert durch den Beitrag von Björn zum Thema “Glaube und Handeln”, schreibe ich darüber, was wir gestern getan haben! […]
HI Dirk,
danke für deine praktische Rückfrage – wie meine ich das? Genau so, wie Du es gleich selbst umgesetzt hast! Schreiben was man macht. Vielleicht beim Schreiben entdecken, was man mit Gott und von Gott vorbereitet angefangen hat (persönlich, in der Gemeinde), wo man Niederlagen erlebt hat oder was toll war. Eben Leben.
Liebe Grüße und Danke!
Björn