So langsam entwickelt sich aus diesen kleinen Posts eine Reihe und das ist auch gut – das nächsten Kennzeichen einer Missionalen Gemeinde laut Toby und Mike ist:
Eltern, die sich selbst als Kirche verstehen, werden ihre Familie gemäß Dtn 6, 4-9 führen und die religiöse Erziehung und Prägung nicht nur der Gemeinde überlassen.
Eltern sind eine seltsame Sorte Mensch. Seit wir Emilia haben verstehen wir etwas besser, warum Eltern manchmal einfach so komisch sind. Anderer Zeitplan, andere Prioritäten, anderer Lebenstil und scheinbar der Wunsch seine Kinder abzugeben, Ruhe zu haben, sich zu entspannen. Bei manchen Eltern hat man sogar den Eindruck, dass es ein hohes Ziel ist möglichst schnell die Kinder bei anderen Erziehern unterzubringen, damit man wieder „sein Leben“ führen kann.
Wenn ihr mich fragt (ich arbeite in der Kinder- und Jugendarbeit), dann ist ein gutes Kinderprogramm für Eltern DER Grund in eine Gemeinde/Gottesdienst zu gehen oder auch nicht. Nostalgische Erinnerungen an die eigene „Kinderstunde“ und die Sorge um die „geistliche Entwicklung“ der Kinder spielen dabei vermutlich eine große Rolle und natürlich auch die Tatsache, dass die Kinder zu einem gut gemachten Kinderprogramm natürlich auch gern hingehen. Wir haben darüber auch schon gesprochen, dass wir uns wünschen, dass Emilia schon früh in eine Gemeinschaft mit anderen Kindern kommt und dabei natürlich auch die Geschichte Gottes kennen lernt – irgendwie „normal“. Schmerzlich wird mir bewusst, wenn ich mir dieses Kennzeichen missionaler Gemeinde anschaue und den Text lese, dass ich eine Verantwortung habe für die Erziehung und das Teil davon auch unser gemeinsames Leben mit Gott ist.
Mir ist klar, dass Eltern weniger Möglichkeiten der Erziehung haben, je älter ihre Kinder (Stichwort: Jugendliche) werden, dennoch steckt für mich in der Ãœberzeugung vieler Eltern, die ich kennen lerne, dass (ich gebe es überspitzt wieder) „man möglichst schnell wieder sein eigenes Leben führen muss und die Kleinkindphase eher die Eltern an der Selbstverwirklichung hindert“ und dass die „Kinder im Kindergottesdienst und der Jungschar eben von Gott hören sollen – das sind ja auch die Experten da und wenn das Kinderprogramm nicht gut genug ist, dann suche ich mir eben eine andere Gemeinschaft“ etwas zutiefst sonderbares.
Immer wieder ist die Familie in der Bibel der wichtigste Faktor – wo sonst lernt man Beziehung mit Gott auf so natürliche Weise kennen. Mir ist schon beim ersten Lesen von 1. Timotheus 3 sehr klar gewesen, warum Gemeindemitarbeiter gute Familienväter sein sollten. Hier haben wir viel verloren, glaube ich und sollten gemeinsam lernen, wie in unseren Familien wieder mehr Platz und Bewusstsein für unser Leben, unseren Weg mit Gott schaffen können. Und die seltsame Sorte Mensch, genannt Eltern, muss unter Umständen neu lernen, dass sie aktiver und präsenter sein muss, vor allem in den prägenden Jahren.
Seitdem wir Kindergottesdienste beim CVJM Gottesdienst anbieten wundere ich mich darüber, dass so wenige Eltern mitarbeiten wollen – die Ansprüche an den Kindergottesdienst sind hoch, aber die Bereitschaft der Eltern (besonders der Väter, sei hier bemerkt) „auf ihren Gottesdienst zu verzichten“ und „Gottesdienst auf Kind gerechte Weise zu feiern“ ist nur sehr wenig vorhanden – zumindest ist seit Jahren ein Mangel an Mitarbeitern im Kindergottesdienst zu verzeichnen – seltsam, oder?
Gedanken und Fragen zur christlichen Erziehung.
– Wenn die Glaubensprägung der Kinder durch die Eltern erfolgt ist, dann ist die Pubertät eine echte Gefährdung für den Glauben der Heranwachsenden.
Emanzipation von den Alten wird schnell zur Emanzipation von Gott. Fatal!
Ich befürchte auch, dass christliche Eltern die Glaubensentwicklung ihrer Kinder in jedem Fall „persönlich“ nehmen und sich entweder bestätigt oder gekränkt fühlen. Aber wie wirkt das auf die (geistliche und seelische)Entwicklung der Kinder?
– Dürfen christliche Eltern ihren Kindern vielleicht als Strafe auch einmal verbieten, in den Kindergottesdienst, in die Jungschar, in den Jugendkreis zu gehen?
– Ideal finde ich, wenn Jugendliche die geistliche Betreuung der Kinder übernehmen. Denn spätestens mit dem 9. oder 10. Lebensjahr sind sie Vorbilder (siehe manche Fernsehserien auf den Kindersendern zwischen 19.00 und 20.00 Uhr).
– Die meisten behütet aufwachsenden Kinder müssen mit einer Ãœberpräsens ihrer Eltern zurecht kommen. Verglichen mit meiner eigenen Kindheit haben meine Kinder weit mehr mit mir zu tun als ich mit meinen Eltern. Die ganze Erziehungsliteratur unserer Tage bis hin zu Zeitschriften wie „family“ zeigt ja, dass hier etwas in hohem Maße kultiviert wird. These: Eltern wirken heute viel mächtiger und auf subtile Weise fast totalitär auf ihre Kinder.
– Die Gemeinde gegenüber der Familie zurückzusetzen, verkennt die Struktur der christlichen Existenz und überfordert Eltern und Kinder.
Danke für den Kommentar, lieber interessierter Leser,
gern gehe ich kurz (Bin im Moment sehr eingespannt) darauf ein:
Die Pubertät als Gefährdung für den Glauben anzusehen ist denke ich etwas zu weit gegriffen – natürlich erfolgt eine Ablösung von den Eltern, eher nicht von den Werten der Eltern, die in einem späteren Zeitpunkt wieder positiv gesehen werden. Man kann auch so erziehen, dass die Kinder die Freiheit haben sich ab zu grenzen und trotzdem glauben. Auf ihre Art eben.
Die Frage ist aber noch tiefer und braucht mehr Zeit als mir im Moment zur Verfügung steht.
Hm – das hängt davon ab, ob es als Strafe verstanden wird oder nicht.
Ich habe jeden Tag mit Jugendlichen zu tun, stelle aber fest, dass diese sehr schnell an Grenzen kommen und sich oft nicht bewusst sind, dass sie Vorbilder darstellen. Fragen von Kindern werden häufig gerade in dem Alter 6-10 noch am Elterntisch gestellt und diskutiert. Vorbildern, die selbst keine Orientierung und keine Antworten haben oder noch nicht formulieren können würde ich nicht die alleinige „Geistliche Betreuung“ anvertrauen. Sie spielen gleichwohl eine immer größere werdende Rolle.
Auch hier kann ich sagen: in meinem Job habe ich Tag um Tag das gegenteilige Bild vor Augen – christliche Eltern, die sich in Job oder Gemeinde selbst verwirklichen und gern ihre Kinder „abschieben“ oder (Aussenwirkung) „loswerden“ wollen, um wieder ihr Ding durchzuziehen. Kontrolle und große Einflussnahme finde ich beim Druck auf die Kinder bzgl. ihrer Ausbildung und Schule.
In der Bibel lese ich von einem Auftrag an die Eltern ihre Kinder zu erziehen (5. Mose 6, 4ff und siehe oben) aber die Gemeinde bekommt keinen speziellen Auftrag dafür. Trotzdem ist sie natürlich ein guter Platz, keine Frage – ich würde das „und“ stärker betonen, denn ich meiner Beobachtung wird die „geistliche Erziehung“ der Kinder zu sehr der Gemeinde überlassen. Hier sollte ein Gleichgewicht hergestellt und eine neue Gewichtung von dem Wert guter Erziehung vorgenommen werden. Da müssen die Eltern unbedingt mit beteiligt werden.
Gern begründe ich noch ausführlicher, wenn ich wieder mehr Zeit habe – es kann allerdings dauern…
Mit besten Grüßen
Björn