Bei dem Treffen in Houston war ein junger, angehender Doktor als Beobachter dabei – Josh Packard. Er hat in seiner Doktorarbeit unterschiedliche Emerging Churches in den USA (protestantischer Ausrichtung) genauer unter die Lupe genommen unter dem Titel:Organizational Structure, Religious Belief and Resistance: The Emerging Church.
This research provides important insights into both why and how Emerging Church congregations are thriving at this particular point in history. Specific strategies are being employed in order to promote a kind of church which resists institutionalization rather than trying to put forth a new model of church.“ (Diese Untersuchung ermöglicht Einsicht in das warum und wie Emerging Church Gemeinschaften sich im Moment so gut entwickeln. Bestimmte Strategien werden eingesetzt, die eine Kirche fördern, die sich einer Institutionalisierung und damit einerFestlegung widersetzt. Ziel dieser Kirchen ist es nicht, einfach eine neue Kirchenform modellhaft zu generieren)Â
Er stellt eine Zusammenfassung seiner Arbei als Artikel zum Download auf seinem Blog vor. Seine vier Hauptpunkte sind dabei:
Be intentional! (Tu das was Du tust sehr bewußt! – das hat er mir in Houston schon gesagt) – meint, dass sich Routine und Institutionalisierung langsam und verborgen einschleicht. Nur das bewußte Hinterfragen und bewußte Handeln wirkt dieser schleichenden Festlegung entgegen. (Key Point: The members of an organization must consciously resist institutionalization in order for the rersistance to be prolonged and succesful.)
Don’t reinvent the wheel! (Erfinde das Rad nicht neu!) Es geht den Gemeinschaften, die er untersucht hat nicht darum alles neu zu erfinden, vielmehr darum nicht den einen, besten Weg zu finden, sondern den der Situation angepassten, besten Weg. Dabei können unterschiedliche Modelle (in einer Gemeinschaft hat man drei unterschiedliche Wege zur Entscheidungsfindung parallel eingesetzt – Konsens, bürokratisch und ein Experten-Entscheiden Modell), ohne sich auf einen Weg festzulegen. Das Ziel ist hier wichtig – es geht ihnen nicht darum das Modell zu finden, sondern einfach nur ‚ihr Modell‚, das für sie, kontextuell angepasst und von Moment zu Moment der Veränderung unterworfen, passt. (Key Point: Successful resitance involves avoiding routines, not creating a new model.)Â
Use Professionals Wisley (‚Professionelle Hauptamtliche sollten mit Bedacht eingesetzt werden‘) Hauptamtliche sind Experten auf vielen Gebieten des Gemeindelebens – in den untersuchten Gemeinschaften werden ihnen die Rollen eingegrenzt und vieles von ehrenamtlichen erledigt. Das ermöglicht schnelle Reaktionen auf Veränderungen, z.B. können Angebote, die keine Akzeptanz erfahren, schnell eingestampft werden, weil keine Stelle daran hängt, dass es dieses Angebot gibt. Es gibt kein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis von daher können Ressourcen an die Stellen kommen, wo sie tatsächlich gebraucht werden, statt etwas professionell erledigen zu lassen, weil „man das ja immer schon gemacht hat“ (Key Point: The role of proessionals (e.g. Pastors) must be limited for succesful resistance.)
Compel Questioning (bringe Deine Gemeinschaftsleute ins konstante Hinterfragen ihrer Glaubenswerte). In vielen Organisationen gibt es ein Fundament an übereingekommenen Glaubensaussagen. Dieses wirkt sehr oft exklusiv – in den untersuchten Gemeinschaften sind diese fundamentalen Aussagen dagegen eher breit und inklusiv in ihrer Ausrichtung. Scheinbar gab es jedoch hier auch die meisten Fehlschläge, denn die Gemeinschaften haben es häufig nicht geschafft ihre Teilnehmer zu dem Hinterfragen ihrer eigenen Glaubensgrundsätze innerhalb eines konstanten Prozesses zu bringen. Hinterfragt eine Organisation oder Gruppe nicht regelmäßig ihre Grundsätze, wird sie sehr schnell statisch, selbstverständlich und institutionalisiert. Das ständige Hinterfragen ist eine wichtiger Wert!
Die Zusammenfassung hat 7 Seiten und ist teilweise sehr dicht, wie man es auch erwarten sollte von einer Zusammenfassung einer Doktorarbeit, aber eine echte Hilfe. Mir hilft es im Rückblick Fehler zu sehen und mir neu Gedanken zu machen, wo mein Leben und die Gemeinschaften in denen ich stehe so hingehen. Vielleicht ist es ja auch was für Dich? Für Ergänzungen und Kommentare bin ich immer dankbar!Josh bloggt und ist ebenfalls offen für Kommentare!
Danke für die Eindeutschung dessen was Josh in seiner Zusammenfassung darstellt.
Meiner Ansicht nach kann deine Übersetzung der zweiten Strategie missverstanden werden. Ich habe Josh an diesem Punkt so verstanden, dass die Gemeinschaften kein Modell schaffen wollen. Es geht ihnen ja gerade darum der (schleichenden) Institutionalisierung zu widerstehen. Also gar keine Festlegungen, im Sinne: „so wird das bei uns gemacht“ zu akzeptieren, sondern bewusst gegenzusteuern. Diesen Widerstand sehe ich auch in der Strategie das Rad nicht neu zu erfinden. Es geht daher meiner Ansicht nach auch nicht um ein kontextualisiertes Modell, sondern gerade darum KEIN Modell zu schaffen, und stattdessen in beständigem Wandel zu leben. Dies bedeutet für mich auch je nach Situation zu entscheiden, was auch dazu führen kann, vielleicht sogar dazu führen muss, dass anders gehandelt wird wenn eine ähnliche Situation als die eben erlebte auftritt.
Ja, mit diesem Punkt habe ich etwas gekämpft — hier noch einmal der Originaltext:
Unlike some previous movements, the Emerging Church congregations in this study were
not attempting to create an alternative model of church, Christianity or religion.
Instead of suggesting that they had arrived at a better way of doing church, they repeatedly told me that they simply found a way that was better for them. Feminist organizations, collectives, and co-ops are different than the dominant organizational model of the rational-bureaucracy, but they are no less institutionalized. There are deeply embedded and purposeful routines for decision-making, membership admission, and the designation of leaders in these kinds of organizations. In contrast to these models which advocate for one right way of doing things, the congregations in this study utilized elements from all kinds of models in a shifting configuration which both took advantage the different strengths of traditional models and avoided institutionalization by not settling on any one in particular. For example, at one larger congregation, I saw decisions in the same setting being made by a consensus model, a bureaucratic model and a expert model depending on the particular group present. In each situation the decision making method was arrived at “in the moment†with no predefined model being utilized.
Ich dachte das Beispiel würde es klarer machen, vermutlich ist es aber eher bei Leuten, die gewohnt sind hier anders zu hören und sofort eben doch das Rad neu erfunden sehen. Flexibilität und die Lösung, die in dem Moment passt umschreibt es besser als kontextualisiert, obwohl es das auch ist, aber der Moment ist das entscheidende, weil man so nicht ewig festgelegt ist, sondern von Moment zu Moment anders und eben passender reagieren kann.
Danke für den Hinweis!
[…] Björn hat einen ausführlichen Artikel zur Zusammenfassung von Josh‘s Dissertation geschrieben. Die gesamte Zusammenfassung findet sich bei Josh, der auch ausdrücklich um Feedback und Kommentare bittet. In diesem Sinne empfehle ich die Zusammenfassung zur Lektüre und würde mich darüber freuen, wenn wir, die wir uns als Teil des emergenten Dialogs verstehen, darüber in einen Austausch kommen könnten welche Knackpunkte wir sehen um Institutionalisierung zu verhindern (sowohl solche, die im Entstehen ist, als auch bereits bestehende Institutionalisierung zu überwinden). […]
Hi – scheint so als baut sich eine rein christliche Gemeinschaft ihre eigene Theologie und hinterfragt sich laufend. Fragen sind gut – das eigene Handeln hinterfragen erst Recht – dennoch bauen wir wieder einen theologischen Raum auf, den kaum jmd nachvollziehen kann, der eig. Jesus noch nicht kennt. Und vielleicht verpassen wir auch in dieser Zeit unsere Chancen, während wir mit viel Theorie, x-Büchern, Papern und Thesen und Workshops und Blogs und Posts und weiteren Diskussionen in Foren vor unseren Macs hängen, die Suchenden „da draußen“ mitzunehmen. Katholisch, evangelisch, Baptisten, Methodisten, Emergenz … christlich Vorbilder wie der Papst und GW Bush, bieten wir wirklich simple und einfache Orientierung entlang unserer Botschaft ? Bauen wir nicht wieder unsere eigene Sprache, eigene Kultur, eigene Subkultur innerhalb des Web2.0?
think about it. never stop questioning.
Ich glaube Du vermischst hier die Ebenen, denn die Grundfrage war: Was hält Gemeinschaften davon ab „Institutionen“ zu werden?
Aber ja, ich gebe dir Recht – im Leben kommt eine große Gefahr der „theologischen Raum“ Bildung auf uns zu und ist schon da, vor allem, wenn man in den Blogs liest. Viele der Blogschreiber haben ein Leben, das in Gemeinschaften und dem normalen Leben verwurzelt ist, aber die Gefahr abzuheben ist immer da. Danke für’s nachfragen.
Dynamik und gute Anpassung an Kultur und Menschen um uns herum fällt aber glaube ich eben leichter, wenn man nicht „institutionalisiert“, sondern am Verändern bleibt. Kultur ist dem steten Wandel unterworfen – das sagt sich leicht dahin, aber wie folgt man diesem steten Wandel, wie bleibt man im Gespräch? Die vier Punkte geben einen Anhalt, wie man es vermeidet starr zu werden und Starrheit in den Formen bringt Starrheit der Sicht und letztlich doch wieder eine andere Form von Subkultur.
Vielleicht hilft es den Suchenden zu sehen, dass wir selbst am Suchen sind, echt und nicht als christlicher Marketing Gag. Vielleicht haben kleine flexible Gemeinschaften eine Chance in dieser Welt, vielleicht muss man sogar das Christentum verraten (ala Rollins), um wirklich treu zu sein.
Vielleicht sollten wir einfach öfter Kaffee trinken gehen und einfach Jesus für andere sein dabei. Oder einkaufen. Ohne zu viel Reden.
Danke für Deine Anfragen. Obwohl ich noch nicht an dem Punkt bin meinen Mac zu verkaufen, um den PC Nutzern näher zu kommen.
🙂
freut mich, dass jemand dem Konzept der permantenten Revolution (kommt vom großen Christenverfolger Mao Tse Tung und Rekordhalter im Völkermord [Guinnes-Buch der Rekorde], der hier als Atheist scheinbar besser das Prinzip von christlichem geistlichem Wachstum verstanden hat als mancher Christ…) nun auch in Blick auf christliche Kollekive nachgegangen ist und wie man es dort leben kann… Danke für Deine Ãœbersetzungsarbeit Björn…
[…] sondern dynamisch bleiben. Hier hilft auch die Dissertation von Josh Packard (ich habe bereits über die Zusammenfassung geschrieben), die jetzt online steht, weil sie sich mit der Frage befasst, wie man eine Institutionalisierung […]