Es gibt immer wieder Weihnachtsgeschenke, die nicht die Hüften dick machen, sondern eher den Kopf. Meine Schwiegermutter hat wieder einmal ein solches ausgesucht und mir geschenkt – den sehr fein aufgemachten Bildband „Die Zisterzienser: Geschichte und Architektur„. Anders als so viele andere Großformatige Bücher enthält dieser eine exzellente Einführung in die Geschichte des Erneuerungsordens, eine Einordnung in den geschichtlichen Kontext und weiterführend dahin wie sich die Architektur der Klöster verändert hat, um deren theologische Anliegen widerzuspiegeln. Bernhard von Clairvaux trieb dieses Anliegen voran:
„Es sollte ein Kloster gebaut werden, das den Mönchen einen Rahmen für ein ausgeprägtes Gemeinschaftsleben bot.“ (Die Zisterzienser, S. 39)
Ich finde es faszinierend, dass die praktische Frage wie man ein Kloster baut so eng verknüpft ist mit den geistlichen Erneuerungsprozessen, die die Zisterzienser gebracht haben. Waren die Benediktiner zu stark verweltlicht, so war die Antwort der Zisterzienser, ind er Rückbesinnung auf die ursprüngliche Benediktsregel, darauf:
„Wenn möglich, ist das Kloster so anzulegen, dass alles Notwendige … innerhalb des Klosters ausgeübt werden kann. So brauchen die Mönche nicht draußen umherzulaufen, was ja ihren Seelen keineswegs zuträglich ist.“ (Benediktsregel, 66.1 und 66.6-7 in „Die Zisterzienser“, S. 49)
Ich glaube wir leben in einer Zeit der theologischen Umbrüche und der Erneuerungsfragen – denn das Fragen, Nachfragen, Hinterfragen von althergebrachten Denkmustern wird an vielen Stellen öffentlich (z.B. im ZeitGeist-Blog). Spannend wird es für viele jedoch erst, wenn es darum geht, was diese Fragen und Diskussion für praktische Auswirkungen haben. Und da inspirieren mich die Zisterzienser: Wie müsste ein Gebäude aussehen, das die Veränderung widerspiegelt? Wie müsste eine Ordensregel aufgestellt sein, die Produkt dieser veränderten Theologie ist? Ich bin (hoffentlich) reflektierter Praktiker und darum sehr an den Auswirkungen interessiert, die der Prozess in dem ich selbst stehe und in dem ich mit anderen unterwegs bin, zeigen wird. Wie werden neue Gemeindeformen aussehen, wenn sich die Ekklesiologie erneuert, wie müssen sie praktisch aussehen, um die Veränderung widerzuspiegeln?
Wir leben in einer spannenden Zeit, genau wie die Zisterzienser in einer spannenden Zeit gelebt haben und ich bin gespannt, wie die Antwort auf unsere praktischen Fragen, jenseits der Elfenbeintürme der Theologie, aussehen wird.
Ich liebe solche Themen wie „Gemeindebau,- gründung“!
Formfragen und Methodenfragen finde ich wichtig.
Ich meine aber auch zu merken:
Mein Fragen nach den Formen gehört zwar auch immer dazu (Leben ohne (weite) Ordnung geht wohl nicht), aber der Knackpunkt ist immer derselbe:
Angedockt an Jesus Christus – und der Rest entwickelt sich.
Gemeindeformen und -bauten sind dann im besten Fall eine Folge meiner Jesus-Verbundenheit – im schlechtesten Fall ein Ersatz.
Das macht es mir zunehmend schwerer, einen bestimmten Stil zu favorisieren.
Und mehr und mehr scheint es um den Einzelfall zu gehen: die einzelne Gemeinde, der einzelne Christ – wo stehen sie?
Wie ist der Draht zu JC?
Was hindert?
Was passt?
Was ehrt Jesus – was hilft den Menschen?
Wir haben jetzt schon eine Fülle vo Stilen und Formen – so mag es gerne weitergehen, wenn sie denn mit Jesus zu tun haben und für den Menschen hilfreich sind.
[…] Natürlich mengt sich in diese Fragen nach dem richtigen Glauben (nach der Orthodoxie) immer wieder die Frage nach dem veränderten Handeln, ähnlich meinem Beispiel der Zisterzienser, wo Klosterarchitektur und -leben sich nach der Lehre der Zisterzienser richtete (Danke übrigens für den guten Kommentar von Dirk), aber da wir zumeist nur virtuell diskutieren bleibt es bei dem Diskutieren und geht selten in die Praxis. Es sei denn wir erzählen unsere Sicht der Praxis und lassen andere daran teilhaben. Ich stelle fest, dass mich diese Geschichten am meisten interessieren, weil in ihnen unser Denken, unser Ringen um Orthodoxie, Ausdruck findet. Ich finde sie aber nur selten und ich denke das dies auch am Medium, Internet und an unserer Bescheidenheit (’Wen soll interessieren wie unser Gottesdienst aussieht?’ oder ‘Wie sieht das aus, wenn ich jetzt über den Gottesdienst schreibe, den ich vorbereitet habe?’). […]