Schon ein paar Tage nenne ich die neue Platte von „Wir sind Helden“ genannt „Soundso“ mein Eigen. Neben der guten Musik, die da aus dem Lautsprecher schallt findet Frau Holofernes (endlich aufgeklärt: Die Frau heißt eigentlich Judith Holfelder von der Tann) wieder Worte, die bewegen – und zwar nicht nur den Hintern, sondern auch die grauen Zellen.
Besonders fällt mir auf, dass es zwei Lieder gibt, die sich mit Max Frisch, zumindest dessen Gedanken und mindestens einem Buch von ihm „Stiller“ befassen: „Soundso“ und (oh Wunder!) „Stiller“ beides Lieder, in denen Identität, Wirklichkeit und Bilder in den Köpfen der Leuten eine Rolle spielen – Beispiel (So und so):
„So und so warst du schon immer – Genau so, nur kleiner
Im Alter wird so was nur schlimmer – Genau so, nur alleiner
Wie gut, wenn man geliebt wird, wie man ist So und so, und so allein!
So wie du warst, so wie du bist Bist das du, musst du das sein?“
Menschen verändern sich und sich ein Bildnis von ihnen zu machen und dabei zu bleiben, beschreibt Max Frisch, sei wie das Häuten einer Schlange – man beschreibt den Moment der Person, aber das Ergebnis ist etwas totes. Die Person ist aber im Gegensatz dazu lebendig und verändert sich – unser Bild allerdings nicht mit. So und So – warst Du schon immer
„Aber nichts davon bestimmt dich, weißt du
nichts davon verglimmt nicht mit der Zeit
nur du bestimmt nicht, weißt du
nichts davon ist wirklich
nichts davon“ (Quelle und Copyright by „Wir sind Helden“)
Die Frau Holofernes macht Mut sich nicht von dem Bild bestimmen zu lassen, dass die Leute von einem zeichnen. Allerdings fehlt sie selbst den Worten in „Stiller“ (geile Formulierung, oder?):
„Ich versuche mir die Welt zu erklären
Als ob zwischen Punkten Linien wären
Als ob die Worte mir die Welt in Streifen teilten
Ich greife nur und kann nicht begreifen
Was nützten mir meine Hände
Wenn das was sie berührten verschwände
So wie die Dinge wenn die Worte sie finden
Verstummen und sich schweigend entwinden
Ich bin nicht stiller
nur die Worte fehlen
Ich bin nicht stiller
nur die Worte verfehlen ihr Ziel
Ich bin nicht stiller
Ich will so gerne schweigen
und still, viel stiller
auf alles nur zeigen und still
still und schillernd
zeigte sich mir“ (Quelle und Copyright by „Wir sind Helden“)
„Ich bin nicht Stiller“ ist ein direktes Zitat von Frischs „Stiller“ – in diesem Buch geht es um die Unfähigkeit sich auszudrücken. „Ich fehle den Worten“ es ist, genau, das legendäre Buch in dem eine halbe Seite leer ist, weil, naja, weil die Worte fehlen, um das auszudrücken, was Stiller sagen will. Also stelle ich einfach mal so fest, dass die liebe Frau Holofernes Max Frisch kennt und seine Gedanken sehr fein in Lieder umgesetzt hat. Ich wünschte mir sehr, dass es mehr Lieder gäbe, über die man nachdenken kann…gut gemacht, Judith! Und danke für die geniale Beschreibung von Leben in unserer Zeit:
„Ich versuche mir die Welt zu erklären
Als ob zwischen Punkten Linien wären
Als ob die Worte mir die Welt in Streifen teilten
Ich greife nur und kann nicht begreifen“
Machst Du Dir Bilder von anderen, dass sie „so und so“ sind? Ist es vielleicht an der Zeit darüber nachzudenken, dass Menschen sich verändern und dein Bild nicht mehr passt, vielleicht noch nie gepasst hat? Und:
Wie zum Geier kann man Worte finden, die wirklich Bedeutung haben?
Links: Musik der Helden zum Anhören, Das geniale Video von „Soundso“
Tine und ich hören die CD gerade auch sehr gerne, immer auf der Autofahrt Tübingen-Würzburg 🙂 Dabei ist mir „Stiller“ erst beim letzten mal aufgefallen. Sehr schönes Lied, interessanter Text – vielen Dank für den Hinweis auf Max Frisch! Da freut sich der Germanist, vor allem, weil er das noch nicht wusste.
Hab es kürzlich nochmal mit homo faber probiert, aber irgendwie weiß ich nicht…
[…] (Mein vorheriger Post zur Soundso) […]
[…] 10. Juli Betriebsausflug nach Speyer, krasse Gespräche mit den anderen Hauptamtlichen und der Praktikantin, gute Beschlüsse – netter Dom, tolle Ausstellung über Attila den Hunnen (Identifikationsfigur für mich?), kurzer Besuch zu Hause (Juhee, Emilia, Zeit rum Reden mit Mirja), Abends sehr gute Kleingruppe über Bildnismachen und Gott und unsere Beziehung zu ihm und untereinander. Geile Zeit. (siehe: Wir sind Helden und Max Frisch und Max Frisch, die Liebe und das Bildnis und 2. Mose 20, 1-4) […]
Hallö!
ich habe eine bitte, eine frage, ein problem:ich habe mir für meine facharneit das thema „tendenzen deutschsprachiger liedtexte“ ausgesucht – nur finde ich jetzt keine brauchbaren quellen!diese seite, bzw dieser helden artikel, hat mir seit langem wieder einen schub motivation verpasst!ich werde in meiner fa auch ein lied von den (genialsten) helden analysieren und interpretieren und wage deshalb zu fragen:habt ihr irgendwelche tpps, quellen, helden artikel oder sonsiges material für mich??
liebste grüße, lisa
Hallo Lisa,
hm. Da ich einfach gern Helden höre und ich ein wenig Ahnung von Textinterpretation habe, stammen die Verknüpfungen und so aus meinem Kopf und ich selbst habe keine Quellen benutzt.
Das hilf Dir nicht wirklich viel weiter, denke ich. Alle Quellen, die ich auf die schnelle gefunden habe. Immerhin gibt es ein Buch, dass Du vielleicht schon hast:
http://www.amazon.de/sind-Helden-Informationen-Einzelteilen-Helden-Tagebuch/dp/3596177545/ref=sr_1_2?ie=UTF8&s=books&qid=1196887741&sr=1-2
Ich werde es mir bestellen und danke schon einmal, weil ohne Dich hätte ich es nicht gefunden.
Noch viel Glück für Deine Suche und wenn ich noch weiter nützlich sein kann – gern!
Liebe Grüße