Interessante Gedanken, die Mark und Joshua da spinnen und spannend klingt das, ich werfe noch was rein, was immer wieder unterbelichtet bleibt – vielleicht weil in der Vergangenheit viel darüber geredet wurde und es nix gebracht hat:
Leiterschaft in der Bibel – eine Kurzzusammenfassung (ich belege nicht alles mit Bibelstellen, auf Anfrage liste ich gern Stellen auf):
- Altes Testament: Hier gibt es immer wieder einzelne Leiterfiguren (Abraham, Josef, Mose, Josua, Saul, David usw.), die mit dem heiligen Geist ausgestattet ihre jeweilige Gemeinschaft (man beachte: die Könige hatten 12 Stämme zu überblicken, was für eine Riesen-Gemeinschaft!). Hier liegt auch die Wurzel für die „klassische“ Hierarchie und zwar bei Moses: Jethro gibt ihm den Rat (2. Mose 18, 14ff) doch Aufseher über 10, 100, 1000 und so weiter einzusetzen, die ihm seine Arbeit erleichtern. Damit kommt eine Hierarchie-Pyramide zustande an deren Spitze Moses selbst steht. Vieles im AT läuft so oder so ähnlich ab
- Neues Testament Umwelt: Hier finden wir in den Strukturen des Volkes ein Echo des AT – Hohepriester, Hoher Rat, scheinbar in vielen Dörfern einen oder mehrere Pharisäer. Ausgeprägte Leitungsstrukturen, die hierarchisch organisiert sind.
- Leitung bei Jesus: Jesus war der Leiter seiner Kleingruppe ganz einfach. Er hat gesagt, wo es langging, wann es weitergeht, wer was macht. Dabei hat er aber Zeit mit seinen Jüngern verbracht und Beziehungen gebaut. Er hatte kein „Amt“ inne, sondern eine natürliche Autorität im Kreis seiner Freunde. Trotzdem setzt Jesus Petrus als Fels seiner Gemeinde ein, gerade Petrus! Jesus hat demnach ein Verständnis von Leitung, aber eher Beziehungs- als Amtorientiert. Auf jeden Fall profiliert man sich nicht durch Leitung bei Jesus, sondern man wäscht Füße. Dienende Leitung.
- Leitung in der Urgemeinde: Judas wird ersetzt durch Matthias am Anfang der Apostelgeschichte – spannend, oder? Da gab es „die Zwölf“, die sich mit Wortverkündigung zu befassen hatten, lehren. Damit sie entlastet wurden setze man Praktiker ein – in welchem Hierarchieverhältnis die Diakone und die Apostel zueinander standen ist nicht ausgesagt, man kann aber davon ausgehen, dass die geistliche Autorität bei den Aposteln lag. Paulus gründet neue Gemeinden und setzt Älteste ein. Scheinbar gab es auch bei komplexen Gemeinden wie Ephesus und Korinth nicht mehr als zwei Ebenen: Die der Gemeinde und die der Ältesten. Hier liegt uns keine Pyramide vor, wie wir sie bei Moses sehen, sondern eher funktionale Leitungsposten. Schaut man in Epheser 4 und sieht den fünffältigen Dienst an, so kann man von Leitungsteams sprechen. Es gibt Kriterien für Leiter, die wir nicht vergessen sollten, wenn wir uns über die Frage von Leitung Gedanken machen (1. Timotheus 3, 1-13). Hier kann man eine Dynamik voraussetzen, die kontextgebunden ist und war – natürlich hat eine Leitung in Korinth andere Aufgaben und Herausforderungen als in Ephesus. Älteste werden eingesetzt, scheinbar nicht gewählt.
Vorsichtiges Fazit: Im AT gab es stärker eine Top-Down Struktur, die in ihrer Form ihrer Berechtigung hatte. Im Neuen Testament finde ich keine wirkliche Top-Down Struktur, aber auch keine echte Bottom-Up, wenn ich das System richtig verstanden habe. Es gibt eine „einfache“ Leitungsstruktur in NT – Älteste und Gemeindeleute, sogar die Apostel haben keine wirkliche Extrarolle (Paulus wurde von einer Gemeinde ausgesandt, wobei das Apostelkonzil in Apg 15 scheinbar in Lehrfragen als gemeindeübergreifende Autorität gesehen wurde) – Joshuas „Überlappende Projektgruppen“ würden hier gut hinein passen. Ich würde aber die Gaben der Leiter auf jeden Fall mit in die Wahl der Projektleiter mit einbeziehen, denn das Leitungsteam kann sonst Schlagseite bekommen (Organisation – Propheten sind meistens keine Struktur/Orga Leute, gehören aber laut Epheser 4 mit in die Leitung hinein…)
Soviel mal von meiner Seite, vielleicht hilft es ein wenig weiter. Gott hat seine Gedanken zu dem Thema und auch wenn ich mit der Überzeugung bin, dass wir sehr wohl von Wirtschaft und Co lernen können, sollten wir die Grundlagen auch Grundlagen sein lassen ;-).
Gutes Fazit. Ich würde sogar das „vorsichtig“ streichen. Bei der ganzen „bottom up“-Diskussion stört je länger je mehr, dass kaum biblisch-theologisch argumentiert wird, sondern soziologisch und philosophisch. Gut, dass du die biblische Sichtweise (auch wenn es natürlich verschiedene Interpretationsmöglichkeiten gibt) ins Licht rückst.
Womit sich für mich wieder einmal die Frage stellt, was man denn theologisch-biblisch diskutieren will.
Die Bibel ist nunmal kein soziologisch-pädagogisches Fachbuch. Und somit sollte man nicht denken, dass die Bibel als Anleitung zum „Churchmanagement“ verstanden werden kann. Die Bibel sagt Dinge über das „Geheimnis Gemeinde“ aus. Diese Dinge halte ich für sinnvoll theologisch-biblisch zu reflektieren.
Ãœber das „Wie“- also wie man Leitung strukturiert, wie man den Auftrag der Gemeinde erfüllt, und wie man das „Geheimnis Gemeinde“ umsetzt sollte man wohl eher soziologisch oder pädagogisch reflektieren. Wenn Du ein Gemeindegebäude baust, dann schaust Du auch nicht in den Fünf Bücher Mose nach, um Handwerk am Beispiel der Stiftshütte zu reflektieren. Du kaufst Dir ein heimwerkerheftchen.
Meine lieben Theologen, hier mal eine freundschaftlich- provokante Aussage: Um alle DÃnge zu tun, um Gemeinde zu bauen, bedarf es mahr als Theologie…
Man kann immer auf beiden Seiten vom Pferd herunterfallen.
Die große Kunst ist, das Gleichgewicht zu behalten und das schaffen scheinbar nur wenige.
Hallo Leute,
in aller Kürze und zwischen zwei Terminen. Natürlich ist die Fragestellung eine soziologische, wie viele Fragestellungen in der Bibel. Ich bin ein großer Freund davon die Wissenschaften und auch Erkenntnisse aus der Wissenschaft mit ein zu beziehen. Aber gerade bei der Person eines Leiters, seine Charaktereigenschaften und bei der Frage wie man eine Leiter wird, sollte man das dicke Buch berücksichtigen.
Gern später mal mehr, aber die Frage nach dem Maßstab unserer Modelle müssen wir wieder stellen. Mark hat positiv von einer „Bibelpolizei“ gesprochen, vielleicht ist das wirklich ein gutes Amt, solange man konstruktiv bleibt. Und ich mag gern konstruktiv sein, darum sage ich: Es gibt mehr als Theologie, aber es gibt nicht mehr Grundlagen als die Bibel 😉
Klar: Charaktereigenschaften eines leiters würde ich biblisch reflektieren, denn die Bibel leistet für mich genau das: Werte spirituell festzusetzen, anhand derer wir Leben und Gemeinde gestalten. Die Frage wie man leiter wird (Berufung, Los, demokratische Wahl) ist für mich eher technisch und der situativen Kultur anzupassen. Würde ich in einem muslimischen Land Gemeinde gründen, wäre cih vorsichtig mit demokratischer Wahl oder Frauen in leitungspositionen,…
Ich glaube, ich schreibe noch mal einen strukturierten Post zu der Sache. Da spielen im Moment mehrere Ebenen der Kommunikation und Fragen mit, die nicht leicht auseinander zu halten sind. Es ist sehr schade, dass ich am Mittwoch nicht dabei sein konnte bei der aktuellen Diskussion in Kubik. Ich bin sehr offen für neue Wege, meine aber wahrzunehmen, dass, wie Mike sagt, eher soziologisch-theologisch argumentiert wird. Hier treffen vermutlich auch Dienstgruppen aufeinander: Mike&ich eher Lehrer, Mark, Du, Joshua, eher Apostel (Zugrunde gelegt ist Epheser 4 „fünffältiger Dienst“) es ist natürlich, dass wir andere Schwerpunkte haben. Der Dialog machts. Das meine ich mit mehreren Ebenen.